Interview mit mir als Trauerrednerin

Wie sind Sie zu diesen Beruf gekommen?

 

Zunächst habe ich die Schule für Freie Redner  besucht, um mich als Rednerin für Freie Trauungen, also Hochzeiten, ausbilden zu lassen. Das Thema Trauerrede gehörte zwar zur Ausbildung dazu, aber offen gesagt, hatte ich zunächst Berührungsängste und war erstmal auf Hochzeiten fixiert. Daher habe ich auch meine IHK Prüfung mit Schwerpunkt Freie Trauung gemacht.

Irgendwann habe ich dann doch meine erste Trauerfeier abgehalten- und sämtliche Zweifel waren verschwunden.

Wie kommen Sie zu einem Trauerfall; woher wissen Sie, wer gestorben ist?

Das weiß ich natürlich nicht, aber der Bestatter weiß es. Beim Gespräch mit den Angehörigen des Verstorbenen wird u. a. entschieden, ob für die Trauerfeier ein Geistlicher oder ein Freier Redner gewünscht ist. Meist hat der Bestatter schon ein Gefühl dafür, welcher seiner Redner/Innen dazu gut passt. Wenn alles passt, klingelt bei mir das Telefon.

Wie geht es dann weiter? 

Nachdem ich zugesagt habe, überlässt mir der Bestatter die Kontaktdaten und ich besuche die Angehörigen zu einem Hinterbliebenengespräch. Für die Angehörigen ist es dabei wichtig, dass sie sich Zeit nehmen dürfen um nachzudenken, zu reden, zu verarbeiten und auch zu weinen und das Andenken des Verstorbenen zu wahren. Wir gehen gemeinsam den Ablauf der Trauerfeier durch. Liedauswahl, wollen wir ein Gebet sprechen... oder lieber nicht, wollen wir noch ein bestimmtes Ritual dazu nehmen, etc.

Nachdem der Ablauf klar ist, erfahre ich das, was mich immer wieder an meinem Beruf fasziniert. Wie war dieser Mensch? Was waren seine Leidenschaften? Für was hat er/sie gebrannt? Was machte ihn/sie aus? Welche Spuren hat er/sie in unserem Leben hinterlassen usw. Das ist es doch, was uns "unsterblich" macht. 

Wie merken Sie sich das?

Natürlich habe ich einen groooßen Notizblock dabei. Meistens sind es so um die 12 DIN A4 Seiten, die ich mitschreibe.

 Wieviel Zeit bleibt Ihnen dann, um daraus eine Rede zu machen ?

Meist muss es schnell gehen. Wir haben bei Sargbestattungen hier in Bayern eine Bestattungspflicht von 4 Tagen. Wenn es eine Urnenbeisetzung ist, habe ich oft etwas mehr Zeit. Aber in der Regel schreibe ich die Rede gleich am darauffolgenden Tag nach dem Hinterbliebenengespräch - da ist alles noch frisch im meinem Kopf . (...lacht)

Wie ist der Tag der Trauerfeier?

In der Regel bin ich eine halbe Stunde vorher da, um mich auf die Trauerfeier einzustimmen. Wenn es ein Friedhof ist, bei dem ich vorher noch nicht war, mache ich mich erst mal mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut. Rednerpult, Mikrofon, Technik und Co.

Geht Ihnen das auch manchmal nahe?

Na klar. Vor allem wenn es Parallelen gibt, wie z.B. eine Ähnlichkeit zu meinem (verstorbenen) Vater ...

Aber meine Aufgabe ist es, Trost zu spenden und es nicht trauriger zu machen, als es eh schon ist. Ich erinnere an die schönen Momente, die diese Person zu Lebzeiten hatte. An die kleinen und großen Dinge, für die es sich gelohnt hat, zu leben. Das ist es,  was mich bewegt - ich versuche ein "verbales Denkmal" zu setzen. Und jedes Schicksal ist anders, jeder Moment, jede Trauerfeier hat ihre eigene Geschichte. Individuell und unverwechselbar. 

Was nehmen Sie für sich daraus mit?

Dass das Leben sooo wertvoll ist. Wir sollten es noch viel bewusster genießen. Es kann so schnell vorbei sein. Erst kürzlich  der  Fall von einem Mann, der genauso alt war wie mein Mann. Er ging in den Wald joggen, ist umgefallen und war sofort tot.

Das macht was mit einem- und man sieht wieder, dass jeder Tag ein Geschenk ist.

Glauben Sie an Gott?

Ja. Es gibt etwas zwischen Himmel und Erde . Eine höhere Macht - das Universum - Gott - Buddha - Allah. Nennen Sie es, wie Sie möchten, aber ich glaube, da gibt es etwas. Ganz klar, ja. 

Gibt es auch mal etwas Außergewöhnliches oder Ungewöhnliches?

(schmunzelt...) Eine Witwe kam mit einem frisch gebackenen Apfelkuchen zum Bestatter. Der freute sich schon, doch sie meinte, der Kuchen müsse bitte unbedingt mit in den Sarg , weil ihr verstorbener Ehemann doch so gerne Apfelkuchen gegessen hat.

Oder... oft werden auch noch verschiedenste Dinge mitgegeben. Von Schnaps (ohne Flasche) über Spielkarten, Mc Donalds Gutscheine , Abschiedsbriefe oder die Club-Dauerkarte. 

Mh, was noch...? 

Einmal wurde ich sogar mit:" da ist ja unser schwarzer Engel" begrüßt. Aber ich bringe ja Trost und nicht den Schmerz.

Wie verbleibt man danach?

Nach dem Friedhof trennen sich die Wege. Mein Honorar bekomme ich, sofern ich nicht direkt gebucht bin, was ja auch möglich ist, ein paar Tage danach vom Bestatter überwiesen.

Oft bekomme ich noch am Grab Feedback. Sätze wie:" Haben Sie .(...) persönlich gekannt?" oder "Sie haben ihn perfekt beschrieben, genau so wollten wir es." Oder "Es war ein würdevoller Abschied, sie haben uns sehr damit geholfen."

Oder "Danke, durch Sie ist mir wieder bewusst geworden, dass (...) ein ganz tolles Leben hatte."

Manchmal bekomme ich auch lange danach noch Briefe, Postkarten oder E-Mails und WhatsApp Nachrichten, was mich immer sehr freut :-)

Sie singen auch?

Ich habe eine Gesangsausbildung und singe von Ave Maria bis Rock-Pop und Schlager alles Mögliche. Auf Wunsch singe ich auch auf den Trauerfeiern, die ich eh schon abhalte, aber ich begleite auch kirchliche Trauerfeiern oder eben die von anderen Trauerredner- Kollegen mit meinem Gesang.

Kann man sagen, dass es IHR Beruf ist?

Oh ja. Es ist mein Beruf und auch meine Berufung.

Vielen Dank für das Gespräch, alles Gute für Sie.

Ich habe zu danken, bleiben Sie gesund!